Zum ersten Mal ging in diesem Jahr am 28. Februar der LeadersClub der Jungen Wirtschaft Wien über die Bühne. Dieses Mal durften wir Andreas Rath, Geschäftsführer des Wiener Traditionsunternehmens Lobmeyr, bei uns begrüßen. Im Palais Daun-Kinsky ließ uns Herr Rath an seinem Erfahrungsschatz teilhaben. Im Vorfeld des LeadersClub hatte er bereits einige Gäste durch den Betrieb geführt.

200 Jahre Lobmeyr

Zu Beginn reflektierte Herr Rath über die bald 200-jährige Geschichte von Lobmeyr. Eines der Highlights sei sicher die Bestellung zum Hoflieferanten nach relativ kurzer Zeit gewesen, der Sohn von Gründer Josef Lobmeyr, Ludwig, brachte das Unternehmen dann in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts an die Spitze, was die Gestaltungskompetenz betrifft, und wurde zum wichtigsten Protagonisten der österreichisch-böhmischen Glasherstellung jener Zeit. Auch die Wiener Werkstätte sei für das Unternehmen ein bedeutender Meilenstein gewesen, habe man doch während dieser Zeit die Moderne mitprägen können. Heute ist es aus Sicht von Andreas Rath vor allem die Zusammenarbeit mit jungen Designern, die einen Höhepunkt in der Firmengeschichte darstellt. Zum 200-Jahr-Jubiläum im Jahr 2023 wird das Unternehmen übrigens in den Club „Association les Hénokiens“ aufgenommen werden, eine Organisation traditionsreicher Familienunternehmen. Nur Unternehmen, die seit mindestens 200 Jahren durchgängig im Besitz der Gründerfamilie sind und von einem Nachkommen des Gründers geführt werden, können die Aufnahme beantragen.

Dass Andreas Rath gemeinsam mit seinen Cousins Leonid und Johannes den Familienbetrieb übernehmen würde, war für Andreas Rath nicht immer zu 100 Prozent klar. „Die Überlegung, etwas Anderes zu machen, stand schon im Raum“, erzählte der Unternehmer, der unter anderem bei der Erste Bank gearbeitet hat, ehe er sich doch dem Familienunternehmen zuwandte. „Im Endeffekt gibt es einfach nichts Spannenderes als das. Es ist wahnsinnig erfüllend“, so Herr Rath. Wichtig sei immer ein offenes Miteinander, gerade in der Anfangsphase der Übernahme. Tipp an junge Unternehmerinnen und Unternehmer: „Man muss genau überlegen, was man möchte und wo die eigenen Stärken liegen. Man muss sich darüber klar werden: Was kann ich und was nicht“, führte Herr Rath aus. Möglichkeiten sind aus seiner Sicht übrigens nichts, das sich ergibt, sondern etwas, das man aktiv sucht.

Von Fachkräftemangel und High Tech

Auch der Fachkräftemangel war Gesprächsthema. „Es ist nicht immer leicht, Fachkräfte zu finden, weil die Branche stark geschrumpft ist“, so der Befund von Andreas Rath. Allerdings gibt es kreative Lösungen: So kommen viele Mitarbeiter über den zweiten Bildungsweg zu Lobmeyr, manche kommen aus anderen Ländern und manche kommen überhaupt aus völlig anderen Branchen. Zusätzlich bildet das Unternehmen nach wie vor Lehrlinge aus. Die meisten Mitarbeiter bleiben auch bis zur Pension, verrät Herr Rath. Das Geheimnis? „Hohe Zufriedenheit“, bringt es Herr Rath auf den Punkt.

Natürlich muss sich auch seine Branche mit neuen Technologien und High Tech auseinandersetzen. „Beides ist nicht so wichtig wie die Frage, wie ein bestimmter Entwurf umgesetzt werden kann. Meistens gewinnt in dieser Frage das Handwerk“, so Andreas Rath. High Tech rechne sich bei den Mengen, die Lobmeyr herstellt, auch gar nicht und bringe außerdem nicht das gewünschte Endergebnis.

Outsourcing und kreative Kooperationen

Eine besondere Herausforderung, vor der das Traditionsunternehmen in den vergangenen Jahren stand, war der Umstand, dass es in Österreich keine Glashütten mehr gibt, die den hohen Qualitätsansprüchen Genüge leisten können. Daher musste man sich wohl oder übel auf Outsourcing verlagern und arbeitet inzwischen mit einer Glashütte in Ungarn zusammen. Weiter weg will das Unternehmen nicht, denn der Bezug zur Fertigung bzw. den Mitarbeitern und der persönliche Kontakt sind dem Geschäftsführer-Trio sehr wichtig. „Wir wollten nicht auslagern, aber wir mussten“, sagt Andreas Rath.

Was die Zusammenarbeit mit jungen Designern angeht, hat er einen recht einfachen Tipp parat: „Man muss sich einfach entscheiden, es zu tun.“ Dadurch hätten sich bereits tolle Kooperationen ergeben. Wichtig: klein anfangen, der Rest entwickelt sich dann praktisch von selbst. Inzwischen ist es so, dass Designer mit ihren Ideen zu Lobmeyr kommen. Nicht alle Entwürfe lassen sich umsetzen, allerdings wurden alle Entwürfe seit dem Jahr 2000 in einem eigenen Buch verewigt.

Und das Marketing?

Die Gretchenfrage des Abends: Wie hält es die Firma Lobmeyr eigentlich mit dem Marketing? Die Antwort war durchaus überraschend: Das Werbebudget wird nicht mehr in Werbung investiert, sondern in die Zusammenarbeit mit jungen Designern. „Wir haben im Marketing viel ausprobiert und sind zu dem Schluss gekommen, dass wir hier nur im Kleinen arbeiten wollen“, erzählt Andreas Rath. Es gibt einen Instagram-Account und Kooperationen mit Zeitschriften, auch international. Marketing ist aus der Sicht von Herrn Rath nur dann notwendig, wenn alle Gesprächsoptionen mit einem Kunden komplett ausgeschöpft sind.

Handwerk und Design im Mittelpunkt

Und was bringt die Zukunft? Fix ist: Handwerk und Design werden auch weiterhin im Mittelpunkt stehen, schließlich ist Lobmeyr ein künstlerisch tätiges Unternehmen. „Wenn der künstlerische Prozess von einer Maschine unterbrochen wird, dann spürt man das“, geht Andreas Rath noch einmal auf neue Technologien ein. Diese kommen nur dort zum Einsatz, wo sie nicht stören. Ein letzter Tipp für junge Unternehmerinnen und Unternehmer: „Rückschläge sind normal. Wenn sie aber zu oft passieren, sollte man sich überlegen, das Metier zu wechseln.“

Dem sehr spannenden, abwechslungsreichen und humorvollen Talk folgte entspanntes Netzwerken unter den Gästen. Wieder einmal war der LeadersClub ein Höhepunkt – wir bedanken uns bei allen, die dabei waren und freuen uns schon aufs nächste Mal!

Impressionen zum LeadersClub findet Ihr hier. (© Elmas Libohova)

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