Eine Betriebsübergabe bietet viele Vorteile, muss aber auch gut vorbereitet und geplant werden. Die Wirtschaftskammer Wien bietet maßgeschneiderte Services an, die dabei helfen, eine Unternehmensnachfolge reibungslos über die Bühne zu bringen. Berücksichtigt werden dabei sowohl die Bedürfnisse der Betriebsübergeber als auch jene der Betriebsübernehmer.
Von einer Betriebsnachfolge spricht man dann, wenn ein „lebendes“ Unternehmen den Eigentümer wechselt. „Lebend“ bedeutet in diesem Fall, dass das Unternehmen auch geschäftlich aktiv ist. Bei der Übernahme werden materielle Werte wie z. B. Warenlager oder Maschinen übergeben, aber natürlich auch immaterielle Werte wie der vorhandene Kundenstock, bestehende Lizenzrechte z. B. für Software oder längerfristige Aufträge und Arbeitsverträge. Übernommen werden kann ein Unternehmen durch Kauf, Pacht, Schenkung oder Erbschaft. In traditionellen Branchen stellt die Betriebsübergabe eine gute Alternative zur Neugründung dar, denn der neue Inhaber kann einerseits auf dem Know-how der Belegschaft aufbauen und andererseits den bestehenden Kundenstamm nutzen. Oder anders gesagt: Bei der Betriebsübergabe werden bestehende Werte übernommen und können sofort genutzt werden, bei einer Neugründung beginnt man bei null. Um die Vorteile eines „lebenden“ Unternehmens direkt nach der Übernahme nutzen zu können, muss man jedoch alle Potenziale und auch Schwachstellen genau kennen.
DER PERFEKTE NACHFOLGER
Vor der Betriebsübergabe stellt sich natürlich die Frage: Wer soll das Unternehmen zukünftig leiten? Ein Familienangehöriger ist meist die erste Wahl, aber wenn sich im Familienkreis niemand findet, gibt es noch andere Möglichkeiten: Qualifizierte, langjährige Mitarbeiter kommen ebenso infrage wie jemand aus dem Unternehmensumfeld (Lieferanten, Kunden). Die Nachfolgebörse der Wirtschaftskammer Wien (www.nachfolgeboerse.at) ist ebenfalls ein guter Anlaufpunkt. Hier kann man anonym und kostenlos nach einem passenden Nachfolger suchen – umgekehrt können auch angehende Unternehmer, die gerne einen bestehenden Betrieb übernehmen möchten, hier die Fühler ausstrecken.
Als Übernehmer muss man im Vorfeld außerdem seine Hausaufgaben machen und sowohl Stärken als auch Schwächen des Unternehmens analysieren: Warum wird das Unternehmen übergeben/verkauft? Wie steht es um das unternehmerische Umfeld – also Lieferanten, Kunden etc.? Wie haben sich Umsatz, Gewinn, betriebswirtschaftliche Kennzahlen, Investitionen und Kosten in den vergangenen Jahren entwickelt? Welche Perspektiven gibt es in der jeweiligen Branche aktuell? Mit welchen innerbetrieblichen Herausforderungen ist das Unternehmen konfrontiert? Wie sieht die Mitarbeiterstruktur aus? Welche bestehenden Verträge und Genehmigungen müssen berücksichtigt werden? Diese Fragen müssen im Vorfeld transparent beantwortet werden, und selbst die perfekteste Vorbereitung wird einen neuen Inhaber oft mit Dingen konfrontieren, die so nicht vorhersehbar waren. Dann heißt es, nach den eigenen Vorstellungen zu handeln und flexibel zu sein.
Auch aufseiten des Übergebers sind verschiedene Aspekte zu berücksichtigen, etwa der Befähigungsnachweis des Nachfolgers oder seine finanzielle Ausstattung. Unternehmerische Kenntnisse, Führungs- und Branchenerfahrung sind im Idealfall bereits gegeben. Zusätzlich sollte man als Übergeber ein Auge auf das Image des Nachfolgers haben und analysieren, ob dieses zum Image des Unternehmens passt. Last but not least sollte der Nachfolger im Idealfall in den Monaten vor der Übergabe im Unternehmen mitarbeiten, um den Übergabeprozess fließender zu gestalten.
ZEITLICHE CHECKLIST
Zu berücksichtigen sind auch verschiedene Abläufe bzw. Vorlaufzeiten, damit die Betriebsübergabe reibungslos vonstatten geht:
- Die Suche nach dem geeigneten Nachfolger dauert ihre Zeit.
- Gleichzeitig muss im Falle von Erben eine Vereinbarung über die Abfindung jener Erben getroffen werden, die keinen Anteil des Unternehmens übernehmen.
- Dazu ist zu klären, ob betriebswirtschaftliche Maßnahmen vor der Übergabe notwendig sind, z. B. Umschuldung oder Kostensenkung.
- Kunden und Lieferanten müssen rechtzeitig von der Übergabe in Kenntnis gesetzt werden.
- Bewertung des Unternehmens durch einen Unternehmens- oder Steuerberater
- Verhandlungen über den Kauf- oder Pachtpreis, falls es sich um keine Erbschaft handelt
- Recherchen zum rechtlichen und finanziellen Hintergrund, zu Finanzierung und Förderungen
- Allfällige Einarbeitungszeiträume
- Kündigungsfristen
- Wahl des optimalen Zeitpunkts der Übergabe, z. B. zum Pensionsstichtag oder zum Bilanzstichtag
Zu lange sollte eine Betriebsübergabe nicht hinausgezögert werden. Denn wie eine überhastete Übergabe schmälert auch die hinausgezögerte Übergabe den Wert des Unternehmens. Außerdem entstehen so Probleme für alle Beteiligten – Übergeber, Übernehmer, Lieferanten, Kunden, Mitarbeiter – und Stress zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.
UMFASSENDE BERATUNG
Beratung zur Betriebsübergabe gibt es sowohl für Übergeber als auch Übernehmer bei der Wirtschaftskammer Wien. Weil jede Nachfolge anders ist, erfolgt die Beratung individuell. Die Experten der Nachfolgebörse Wien beraten über die verschiedenen Möglichkeiten und Wege bis zur Übergabe und sind gerne bei der Inseraterstellung und -betreuung auf der Nachfolgebörse-Plattform (www.nachfolgeboerse.at) behilflich. Die Experten aus dem Rechtsservice beraten zu rechtlichen Aspekten, die eine Übergabe bzw. Übernahme mit sich bringt.
Bei Bedarf wird der gesamte Übergabeprozess auch von externen Unternehmensberatern begleitet, die beispielsweise bei der Erstellung eines Businessplans behilflich sind. Die Beratung inkludiert ein persönliches Gespräch, die Auswertung der Bilanzen, die Ermittlung des Unternehmenswertes, die Erstellung eines Beratungsberichts und ein abschließendes Gespräch. Die WKW fördert diese Beratungen für beide Teile und unterstützt außerdem Betriebsübernahmen mit einem Zuschuss von acht Prozent des maximalen Kaufpreises von 75.000 Euro.
READY4TAKEOFF – ROADSHOW DER JUNGEN WIRTSCHAFT
Seitens der Jungen Wirtschaft ist für das kommende Jahr eine Roadshow zum Thema Betriebsübergabe geplant. Unter dem Titel „Ready4TakeOff“ geht es wieder durchs ganze Land. Die Roadshow wird aufzeigen, dass eine Betriebsübergabe auch Innovationspotenzial in sich birgt. Außerdem werden erprobte, gut funktionierende Geschäftsmodelle zur Neufindung – also quasi zum Re-Start-up – im Mittelpunkt stehen. Selbstverständlich wird die Roadshow auch wieder in Wien Station machen.
Grafik: Golden Sikorka/shutterstock